Anthologie von Edith Anderson
1975
Anfang der 1970er Jahre fordert Edith Anderson eine Reihe von Autor*innen auf, Geschichten zum Thema ‚Geschlechtertausch‘ zu schreiben. Die Idee der in der DDR lebenden jüdischen US-Amerikanerin: lautet: literarisch zu ergründen, was in der DDR an patriarchalem Verhalten „noch zuweilen vorhanden und überwindbar ist“. Nach langwierigen Querelen mit dem Rostocker Hinstorff Verlag werden die meisten Geschichten 1975 in der Textsammlung Blitz aus heiterem Himmel veröffentlicht.
Eine davon ist die gleichnamige Erzählung von Sarah Kirsch. In ihr wird die Figur Katharina zu Max. Max selbst gefällt sich, wie er ist. Er fragt sich aber, wie sein Freund Albert auf die Veränderung reagieren wird.
Als Albert nach einem langen Arbeitstag heimkehrt, will er vor allem eins: schlafen. Das ist ihm wichtiger als Max’ Geschlecht: „Albert hatte so viel erlebt von der Hauptstadt bis Pasewalk […] Er sagte: ‚Ich muss erst mal schlafen!‘“
Feministische Ideen, fantastisch-utopische Anklänge und das Thema geschlechtliche Transformation – die Anthologie Blitz aus heiterem Himmel ist ihrer Zeit voraus. Das gilt auch für eine von Irmtraud Morgner eingereichte satirische Erzählung, die der Zensur des Verlags zum Opfer fällt: Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen. Hier wird die Protagonistin Valeska zum Mann. (Das weibliche Pronomen wird beibehalten.) Ihre langjährige Beziehung mit Rudolf profitiert davon:
„Und sie gaben ihre Wohnungen auf und bezogen eine gemeinsame. Und sie lebten drin in idealen ehelichen Zuständen. […] Um die landläufigen moralischen Vorstellungen nicht zu verletzen, legte Valeska übrigens die männliche Körperform während des Beischlafs vorübergehend ab.“