1949 – 1989
In seinem Buch Zuhause. Die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen erinnert sich der erfolgreiche schwule Autor Daniel Schreiber an seine Schulzeit in einem mecklenburgischen Dorf in den 1980er Jahren. Damals erhalten seine Eltern einen Brief, der ihnen mitteilt, dass Daniel in einem Kinderheim untergebracht werden soll. Geschehen soll dies auf Veranlassung von Daniels Lehrerin, die für die Staatssicherheit tätig ist. Diese hat es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht, den Jungen umzuerziehen: weniger ‚feminin‘ soll er sich geben, ‚männlicher‘. Daniels Eltern wehren sich – wutentbrannt und mit Durchhaltevermögen – und können die Zwangseinweisung verhindern.
In der DDR existieren enge Vorstellungen davon, wer ein ‚nützliches Mitglied‘ der sozialistischen Gesellschaft sei. An oberster Stelle steht neben der Pflicht zur Arbeit das Einhalten der sozialistischen Moral – und Homosexualität gilt lange als damit unvereinbar, männliche Homosexualität ist bis 1968 sogar strafbar. Wer den Vorgaben nicht entspricht oder sich ihnen widersetzt, wird mit erzieherischen oder rechtlichen Sanktionen konfrontiert – bis hin zum Freiheitsentzug: für Erwachsene im Strafvollzug, für Jugendliche in Heimen und Jugendwerkhöfen.