Lesbische und schwule Gedenkinitiativen und staatliche Repression in der DDR

Silhouette: © Robert-Havemann-Gesellschaft/Bettina Dziggel

1980er Jahre

1983 besuchen dreizehn Personen gemeinsam die Nationale Mahn- und Ge­denkstätte Sachsenhausen und erinnern dort an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus. Das zivilgesellschaftliche Gedenken Homosexueller wird von Mitarbeitenden der Staatssicherheit argwöhnisch beobachtet und do­kumentiert; von zwei Beteiligten, eine*r davon kommt aus Neubrandenburg, ermittelt die Staatssicherheit die Wohnorte.
Ab 1984 will die Ostberliner Gruppe Lesben in der Kirche (LiK) das Schick­sal von im Nationalsozialismus verfolgten lesbischen Frauen sichtbar machen und ihrer öffentlich gedenken.

Die Staatssicherheit stuft die Lesbengruppe als oppositionell ein; mehrere Versuche der Gruppe, an den Gedenkveranstaltun­gen des ehemaligen Frauenkonzentrationslagers in Ravensbrück teilzunehmen, werden be- und verhindert. 1984 legt die Gruppe in Ravensbrück einen Kranz nieder. Zwei Tage später ist der Kranz verschwunden und der Gästebuchein­trag getilgt. Im darauffolgenden Jahr werden die Frauen bereits auf dem Weg zur Gedenkstätte in Gewahrsam genommen und verhört – und zurück zum Ankunftsbahnhof begleitet. Die Lesbengruppe lässt sich davon nicht abschre­cken: Auch im Frühjahr 1986 besuchen die Beteiligten die Mahn- und Gedenk­stätte Ravensbrück. Zwei Wochen später ist das Gästebuch mit ihrer Eintragung verschwunden.
Ein differenziertes Gedenken verschiedener Opfergruppen ist in der DDR nicht erwünscht. Dennoch lassen es sich Schwule und Lesben nicht nehmen, die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus mit Besuchen in ehemaligen Konzentrationslagern und mit Kranzniederlegungen zu würdigen, immer wieder flankiert von staatlicher Beobachtung und Repression.